Poncelet Eindringtiefe

Eindringtiefe harter Geschosse in weiche Ziele

nach Poncelet

Auf meine Frage, von Prof. Dr. Manfred Held / EADS-TDW angeregt, teilte mir Herr Alois Freko / EADS-TDW TS mir den Poncelet-Ansatz für Geschoßeindringung mit. Mit M = Masse, Q = Querschnitt, v(x) = Geschwindigkeit in der Tiefe x, beschrieb Poncelet die Geschoßverzögerung aus einem Kraftansatz bereits im frühen 19. Jahrhundert mit folgender Differentialgleichung:

M dv/dx v = -Q (C0+C1 v²)

Der Ansatz gilt nur für feste Geschosse, die im Ziel nicht abplatten oder splittern. Diese Gleichung stellt eine Kraftgesetz dar, ähnelt dem Widerstandsgesetz der Aerodynamik. Löst man die Poncelet - Differentialgleichung, erhält man:

Daraus kann die Eindringtiefe x_max abgeleitet werden:

Für die Dauer gilt mit

Achtung! Der Poncelet-Ansatz ist für Deformations, Platz- und Splittergeschoße nicht geeignet! Er gilt nur für feste Geschosse mit geradem Weg, z.B. Lutz Möller Geschosse. Gib in den folgenden Poncelet-Rechner Deine Geschoßmasse in Gramm, die Zielgeschwindigkeit in m/s und das Kaliber in mm ein. Dann wähle den Zielstoff mit der Maus mit Knopf, nämlich Panzerstahl, Messing, Knochen, Mauer, Erde, Gummi oder Fleisch. Daraufhin holt sich das Programm die entsprechenden Werte aus der Tabelle. Zu guter letzt klicke Rechne! Schwups, erscheint die Eindringtiefe in cm.

Poncelet - Eindringtiefenrechner

Eingabe

Wahl

Ausgabe

Kaliber [mm] Wahl

Eindringtiefe!

Masse [g] Stoff Hardox500 Messing Knochen Mauer Erde Holz Gummi Fleisch
Zielschnelle [m/s] C0 1500 500 170 50 5 15 9 4
C0 [N/mm²] C1 7,8 8,45 2 2 1,2 0,9 1 1
C1 [g/cm³] [cm]

Da weiche Geschosse in Fleisch allerdings binnen einer Geschoßlänge platten, splittern und Masse verlieren, müssen die mit dem graphischen Tiefenwirkungsrechner gerechnet werden, der das berücksichtigen kann.

Hallo Herr Möller,

mir ist bei der Poncelet Geschichte noch aufgefallen, daß der C0 Wert nicht als einziger Parameter für die Kräfte beim Aufschlag dienen kann.

Lieber Herr Hansen,

Die Ponceletformel

M dv/dx v = -Q (C0 +C1 v²)

brachte ich im Grunde nur der Kuriosität wegen, daß Poncelet das Problem bereits zu napoleonischen Zeiten erkannt und löste. Die Differentialgleichung sagt auf deutsch nur:

C0: Die Scherfestigkeit wird mit der durchstoßenen Fläche berücksichtigt.
C1: Der Staudruck steigt mit dem Quadrat der Geschwindigkeit (Das wußte schon der olle Newton im 18ten Jh.)

Alle weitern Besonderheiten werden in den Konstanten C0 und C1 berücksichtigt, also gestaltabhängige Werte. Das ist solange in Ordnung, als die eben nicht von der Schnelle abhängen. Das tun sie nicht, außer wenn das Geschoß in Flüssigkeit gaaanz langsam fliegt. Eisner berichtete das bereits vor 70 Jahren, oder so … Für uns, bzw. den Elefantenknochen, ist das wenig wichtig, weil bei langsamen Geschwindigkeiten (einige 10 m /s ) eh kaum noch zerstört wird. Der Ponceletansatz ist dann gut und einfach, trifft zu, wenn die Geschosse heil bleiben. Sofern die Kugeln Masse verlieren und pilzen, muß der Tiefenwirkungsrechner, der das berücksichtigen kann, bemüht werden. Leider können die meisten Jäger den nicht bedienen.

NH: Ihr Zitat an anderer Stelle: ,,Wenn Blei bei 400 m/s noch hält, wie beim Kleinkalibergewehr .22" lfB, muß es bei 800 m/s bereits die vierfachen Kräfte aushalten. Das kann Blei nicht, auch kein antimonlegiertes, somit gehärtetes Blei.“ ist auch nicht richtig. Man kann schon mit einer Wasserpistole Löcher in Stahl schießen. Ich habe gerade aus Jux Stahl und 4 cm dicke Bleiplatten beschossen. Ein wesentliches Ergebnis: Unter 800 m/s machen normale Bleiteilmantelgeschoße eine Beule in Stahl und drücken sich ggf. durch. Deutlich über 800 m/s stanzen diese aber kalibergroße Löcher in den Stahl! Also nix mit zerfließendem Blei. Die Vorgänge sind eben komplexer als die primitiven Modelle beschreiben.

LM: Bei sich verformenden Stoffe wachsen die Kräfte auf das Blei ebenso quadratisch mit der Geschwindigkeit wie auf das Ziel. Geschoß- und Zielkräfte sind gleich! Die Ponceletformel zeigt daß der C1 – Einfluß (Staudruck) auch bei noch so großen C0 (Scherkräfte) bei steigender Geschwindigkeit irgendwann überwiegt. Darin liegt das Geheimnis der Holladungen (Panzerfaust). Der Name Manfred Held taucht nicht ohne Grund auf. Prof. Held war bis zu seiner Pensionierung der weltanerkannte Spezialist für Hohlladungen. Er untersuchte und beschrieb sich gegenseitig durchdringende Flüssigkeitsstrahlen aus Kupfer, Stahl u. ä bis zig km / s. Das muß man sich mal vorstellen. Bei großen Schnellen zählt die Scherfestigkeit C0 irgendwann nicht mehr. Dann ist ganz gleich, ob wir mit Blei auf Stahl schießen, oder mit Pudding-1 auf Pudding-2. Dann zählt nur noch die spezifische Dichte von Pudding-1 und Pudding-2, um die Verhältnisse angemessen zu beschreiben.

Heute macht man das genau mit Comptutational Fluid Dynamics (CFD) Programmen, eine Sonderform der Finite - Elemente - Rechnungen. Für den festen Bolzen durch den harten Elefantenschädel tut’s Poncelet immer noch hinreichend. Schließlich wollen wir nur wissen ob die gewählte Ladungen für den beabsichtigte Zweck einigermaßen taugt; nicht pingelig auf irgendwelchen Millimetern herumrechnen. Da praktisch große Ziel und Schußstreuungen zu erwarten sind. Lohnt sich keine aufwendigere, genauere Rechnung.

NH Zur Elefantenjagd und Kopfschuß noch: Hier gilt das gleiche wie auf Ihrer Seite Kopfschuß gesagte: Ein glatter Durchschuß muß nicht tödlich sein. Wichtig ist vor allem die hydraulische Druckwelle, ruhig ein paar cm daneben, aber möglichst große Energieabgabe.

Richtig, aber Elefantenschädel sind keine Menschenschädel. Menschenschädel sind völlig gefüllt. Elefantenschädel sind hingegen teilweise Hohlkörper, in denen sich mangels inkompressibler Flüssigkeit in den Wabenhohlräumen keine hydraulische Druckwelle ausbreiten kann. Dazu sagte Robertson eben ,,Knapp daneben ist auch vorbei!“ Ich meine, ob der Elefant gekrellt fällt, oder nicht, hängt von dem Treffer ab, insbesondere ob die harte Schale um die Gehirnhöhle durchbohrt und folglich mit deren Höhem Widerstand hinreichend erschüttert wird, um die Nerven auf die sich daraus ergebende Beschleunigung ansprechen zulassen oder eben nicht. Ein Schuß in die hohlen Waben bringt nichts.

LM: Na gut. Sie schossen die Elefanten. Ich nicht. Wenn daß, was ich oben aufgrund der mir bekannten Quellen bezüglich des wabigen Elefantenschädels für gegeben erachte, stimmt, dann stimmt die Krellschußbetrachtung allemal. In dem Sinne halte ich die Meinung ,,Elfantenhirn knapp gefehlt, ist immer noch gut gekrellt“ für falsch.

Die Durchdringung verschiedener Werkstoffe ist nicht so ganz einfach. Das für jedermann verständlich zu erklären, nicht weniger. Die Panzerkanonen mit ihren 1,8 km /s schnellen harten Pfeilen sind ein Bereich, indem Dichte und Härte des Wolframpfeiles gegen Panzerstahl ausgenutzt wird. Bei den 10 km/s der Hohlladungsstachel, zählen dann nur noch Dichte und Schnelle. Es gibt also einen Schnellebereich indem die Stoffeigenschaften Scherfestigkeit wichtig ist. Genau da liegen wir mit unseren Jagdbüchsen.

NH ,,Knapp daneben ist auch vorbei!“ ist definitiv eine falsche Aussage. Wird von vielen PH behauptet, muß aber nicht immer stimmen. Natürlich hängt es vom Sitz des Schusses ab, wie er wirkt. Ich meinte sogar, ein Durchschuß durch die Gehirnhöhle muß nicht unbedingt tödlich sein, was die Lehrmeinung ist. Deshalb mein Hinweis auf den menschlichen Kopf.

Aber, die Wabenstruktur oberhalb des Hirns ist bei weiblichen Elefanten flüssigkeitsgefüllt. Sie können auf meiner Website Höhe Fehlschüsse sehen, die nicht nur krellten, sondern töteten. Generell beobachtet man mit modernen Patronen, wie ich sie verwende und propagiere, daß der Schuß unheimliche Drücke im Schädel erzeugen muß, wodurch Blut und ggf. Hirnmasse aus allen Öffnungen gedrückt wird. Aber das haben die alten Haudegen mit ihren lahmen Nitro Express Patronen nicht so beobachten können. Siehe auch meine Hinweise auf die älteren Jagdmethoden, die grundsätzlich von ,,Krellschüssen ausgingen. Die Wirkungsseite habe ich etwas versteckt. Auf der Seite -Dicke Pillen- bei -Wirkung- ist ein kleines Bildchen. Das muß man anklicken, um auf die Seite zu gelangen. Ihr Hinweis auf die flüssigen weiblichen Waben ist gut. Warum die männlichen Waben leer sind, frage ich mich dann. Daß sie in einer Flüssigkeit mit schnellen großen Geschossen neben dem Hirn prima krellen können ist klar. Die nicht verdichtbare Flüssigkeit leitet Druck eben gut weiter. Gibt es eigentlich, außer den nicht überzeugenden Zitaten von Kneubühl, einen handfesten Beweis für die These der Schulterstabilisierung? Alle meine Erfahrungen lassen mich immer mehr an deren Existenz zweifeln.

LM Die Kneubühlsche Schulterstabilisierung ist meiner Meinung nach theoretisch sauber. Die Unzahl ewig gleich aussehender vorn aufgepilzter Geschosse sollte als Beweis hinlangen, meine ich. Falls Sie es genauer wissen wollen, fahren Sie zu Werner Mehl nach Bobenhausen und fotografieren oder filmen ihre Geschoß im Zielwassertank. Mit ihm nahm ich auch die Gaswolken auf, siehe Mündungswolke.

Freundliche Grüße, Norbert Hansen, Mittwoch, 6. März 2002 21:36

Herzliche Grüße, Lutz Möller

Frage zur Berechnung der Eindringtiefe nach Poncelet

Sehr geehrter Herr Möller,

bezugnehmend auf ihren Berechnungsansatz nach Poncelet habe ich folgende Frage:

Die Zahlenwerte der Konstanten C0 und C1 beziehen sich in Ihrer Berechnung auf die Scherfestigkeit bzw. das spezifische Dichte des jeweiligen Zieles. Gibt es dazu Tafeln bzw. Literatur, aus der diese Zahlenwerte hervorgehen (z.B. Mauer: C0 = 50 N/mm² C1= 2 g/cm³)? Wenn ja, wäre ich Ihnen überaus verbunden, mir diesbezüglich Einen Hinweis bzw. Tafeln zukommen zu lassen, da ich den Ansatz nach Poncelet in einer Seminararbeit verwenden möchte – hier jedoch im Zusammenhang mit beschußsicherer Bauweise.

Mit besten Grüßen, Hochachtungsvoll Klemen Groh,Donnerstag, 2. Februar 2012 20:21

P.S.: Mein Kompliment Ihrer Seite und deren Inhalt

Tag Herr Groh,

für beschußsichere Bauweise bedenken Sie bitte, daß der Ponceleteansatz, den ich ihm unabhängig in Tiefenwirkungsgrundlagen numerisch entwickelte, nur für weiche Ziele angemessen Vorhersagen liefert. Bei harten Zielen, wirken andere Mechanismen, die hier nicht abgebildet werden.

Mir sind zwar keinen Tafelwerke zu Scherfestigkeiten bekannt, aber die Werte lassen ich einfach im Versuch gewinnen. Dann sollen Ihre Studenten mal geeignete Versuche ersinnen, bauen und damit messen. Das fördert das Verständnis. Des weiteren können die gewonnen Erkenntnisse dann in Vorhersagen einfließen, die auf dem Schießstand geprüft werden. Dann wird die Sache rund.

Die letzte Frage von Hansen zu dieser Sache ist knapp zehn Jahre her. Ich freue mich, daß mal wieder jemand vorbeischaut. Ich helfe gern.

Waidmannsheil, Lutz Möller

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